2015-08-19

"Go for it" - Manga made in Germany

Ich habe eine ganze Weile nichts mehr geschrieben, so dass ich mich erst einmal mit einem "Hallo" zurückmelden möchte.
Und anstatt heute etwas von mir zu posten - zumindest im Sinne von Arbeiten, die ich gezeichnet habe - möchte ich euch eine kleine Review bzw. zu Christina Plaka geben.

Wer von euch kennt die gute Frau Plaka?

Christina Plaka, 1983 geboren, ist eine deutsche Comiczeichnerin, die sich besonders seit 2003 mit "Prussian Blue" in der Daisuki gezeigt hat - daraufhin dann "Yonen Buzz", ein fünfteiliger Manga und mehr oder minder die eigentliche Geschichte mit "Prussian Blue" als Episode 0.
Einige von euch werden vielleicht auch noch das Daisuki-Maskottchen "Kisu" im Kopf haben - ebenso von Christina entworfen und später von Viviane übernommen.
Christina gehört sozusagen mit zu den alten Hasen der deutschen Manga-Szene, war doch auch Robert Labs ein bekannter Zeichner vor entsprechender Zeit, der 2001 mit "Dragic Master" startete und dann ebenso mit "Crewman 3" zu 2003 in dem Jungs-Gegenstück "Banzai" erschien.

Doch zurück zu Christina.

Schon damals war sie für mich eine Zeichnerin, deren Stil irgendwo besonders war. Im Rückblick nicht gerade anatomisch korrekt, nicht unbedingt technisch perfekt, aber dennoch besaß sie immer irgendwo Ausdruck in ihren Zeichnungen. Obwohl ich "Prussian Blue" recht gern mochte, hat mich "Yonen Buzz" einfach nicht gegriffen. Dennoch habe ich mich immer gefreut, etwas Neues von ihr zu lesen / hören.
2009 folgte der Oneshot "Herrscher aller Welten", den ich damals schon sehr erfrischend fand, weil sich ihr Stil in den Jahren doch noch einmal sehr entwickelt hatte. Weitaus reifer, authentischer, technisch ausgefeilter.
Wenn man sich ein bisschen mit ihr beschäftigt, so findet man heraus, dass sie eine Zeit lang eben auch in Japan zugange war und dass ihr 2013 erschienener Oneshot "Kimi he - Worte an dich" ihre Abschlussarbeit des Masterstudiums darstellte.
Selbst diejenigen, die sich nie mit Christinas Stil hatten anfreunden können, werden hier vielleicht eines besseren belehrt.

Und nun... zum Comictag 2015 die große Überraschung für mich: Ein neuer Manga von ihr.


(c) Christina Plaka / Gratis Comic Tag


Die Leseprobe zu "Go for it" hat mich sofort gefesselt.
Nun hat dies zwei Gründe:

Zum einen war ich, bin ich und werde immer absoluter Volleyballcrack sein. Dass der Manga eben um Volleyball als Grundlage geht, kommt mir nur gelegen.
Zweitens: Ich habe Christina für ihre Arbeit immer bewundert. Sicher gehört irgendwo auch Glück dazu, aber noch viel mehr harte Arbeit. Und die hat sich bezahlt gemacht. Ich war neugierig, was die "heutige Plaka" auf die Beine gestellt hat.


Zum anderen... kommen wir dann zur eigentlichen Review für "Go for it"


Ich war so hingerissen, dass ich's gleich ein zweites Mal lesen musste und mir aktuell immer noch das dritte Mal verkneife.
Die Geschichte selbst ist nun kein Meisterwerk im Rahmen einer einzigartigen Story - Jeder, der bereits Sportmanga oder -anime (ggf. noch mit etwas Shojo gemixt)gesehen hat, weiß, dass es ein typisches Konzept ist:
Protagonist ist einem Sport leidenschaftlich verfallen. Ein neuer Spieler tritt auf, der irgendwie nicht ins Raster passt. Der Neue wird doch auf Umwegen Mitglied. Drama ist eine Sportverletzung. Und weil wir Romance brauchen, tauchen auf einmal Gefühle auf, die vorher nicht direkt anwesend waren...
Wenn wir damalige Sportmanga betrachten, so fiel gerade der Romantikaspekt extrem flach, weil es eben NUR den Sport für den Protagonisten gab.
Oder wie die AnimaniA es in einer alten Ausgabe proklamierte: Der moderne Weg des Bushido. (Fanart-Special von 1999)

In "Go for it" dreht es sich also um "Nike", welche leidenschaftlich gern Volleyball spielt und zudem noch Assistentin der Jungsmannschaft ist. Ihr Bruder Benni ist ebenso Volleyballspieler - also das perfekte Geschwisterpaar.
Eines Tages kommt ein Austauschschüler aus Brasilien namens "Jona" in die Klasse und soll dort ein Jahr verbleiben. Nike spürt die Aura, dass er ein Volleyballer sein muss (Klischeeanzeichen, die stimmen!) und versucht ihn für die Jungsmannschaft zu gewinnen, da dieser leider krankheitsbedingt ein wichtiger Spieler für die Relegationsspiele fehlt. Mit einigem Hin und Her schafft sie es sogar, ihn zu überzeugen und es läuft da sogar mit ihrem Schwarm Victor immer besser, der ebenso Teil des Teams ist. Als Nike allerdings in einem Spiel der Mädels hängt und sich schwer verletzt, scheint alles aus den Rudern zu laufen. Selbst eine OP versichert ihr nicht, dass sie je wieder spielen kann und mit einem Mal scheint Jona der einzige zu sein, der ihr helfen kann... was Benni missfällt...

Christinas Story liest sich zu 90% mehr als nur angenehm - ein gutes Erzähltempo, gutes Paneling... was will man mehr? Die Zeitsprünge sind hingegen mehr für die Detailliebhaber gedacht, wie mir scheint, da auf Grund fehlender typischer "Zeitrafferpanel", die man aus Shojo kennt (Ihr wisst schon: Die nichts sagenden rechteckigen, ineinanderlaufenden Kästchen) nicht gleich ersichtlich ist, wie viel Zeit vergangen ist. Wenn man aber weiß, dass die Charaktere zuvor Sommerkleidung getragen haben und nun mehr in Winterklamotten geworfen wurden, sollte es klar sein, dass wir nicht nur einen Wetterumschwung haben. Noch dazu die Sprüche hinsichtlich Frostbeule Jona - kluger Schachzug, Frau Plaka. ;)

Sie kommt mit wenig Rasterfolie aus und setzt mehr auf Schraffur und Detailzeichnung - so findet man zum einen liebevoll gestaltete Hintergründe, zum anderen aber auch ebenso toll schraffierte Faltenwürfe oder feine Verästelungen der Bäume.

Die Charaktere selbst haben alle etwas Einzigartiges für sich. Nike ist die optimistische irgendwo jungenhafte Sportlerin, die sich aber eindeutig nach Romantik sehnt, ihr Bruder Benni ist der Aufpasser und Cool Guy, während Jona zwar letzteres auch recht gut beherrscht, allerdings etwas "griffiger" von der Person her ist und emotionaler erscheint. Der Rest der Mannschaft ist bunt gemixt (nicht nur vom Aussehen, sondern auch von Nationalitäten und Charakterzügen, die zwar nur in Ansätzen gezeigt werden, aber dennoch Hinweis drauf geben, dass wir es mit einer vielfältigen Gruppe zu tun haben) , Nike hat eine allseits zur Seite stehende beste Freundin und zu guter letzt haben wir so eine recht große Charaktervielfalt, die jetzt nur noch zu toppen wäre, wenn ein paar Erwachsene mitmischen würden. In meinen Augen sind besonders die Profilansichten der Kerlchen sehr, sehr bewundernswert... oder sollte ich sagen "Chrrr~" ?


Betrachte ich die Story aus Volleyballcrack-Sicht, so gefallen mir die dargestellten Spiele, Übungen, Trainingssequenzen usw. wirklich gut. Detailliert und genau. Dies betrifft aber nicht nur Handlungsabfolgen, sondern auch Perspektive und schlichtweg die zeichnerische Qualität. Natürlich kommen auch bei Plaka teilweise Extremposen vor, die so nicht funktionieren würden, allerdings auf Grund eines verstärkenden Effektes benutzt wurden. Im Großteil von "Go for it" kann ich mich allerdings korrekter Hand- und Körperhaltungen erfreuen.
Hattet ihr schon mal den Manga zu "Mila Superstar" / "Attack No.1" in der Hand? Hier wird das Mädchenhafte, Grazile betont, damit die Zeichnungen weiterhin weich und fließend bleiben und nicht zackig, explosiv, wie man es in Sportmanga normalerweise haben möchte. Demnach sind die Arme und Beine gerne mal verdreht oder wie Gummi gezogen.


Dass deutsche Zeichner Geschichten veröffentlichen, ist nun nichts neues mehr, aber dennoch möchte ich euch diesen Manga sehr ans Herz legen.
In meinen Augen einer der besten Werke, die wir hier begrüßen dürfen. Die Story muss nicht superoriginell sein, um dennoch mitzureißen, aber definitiv tut sie es. Solltet ihr absolut kein Sportmanga-Fan sein, könnte es euch hingegen etwas schwieriger fallen. Für alle anderen, die bereits den hiesigen Sportanime verfallen sind, kommt es ganz recht.
Natürlich kann man "Go for it" nicht mit solchen langwierigen Serien wie "Prince of Tennis", "Captain Tsubasa" oder meinetwegen auch "Kuroke no Basket" vergleichen - in diesen haben wir wirklich das typische Bild einer Sportserie: Sport, Sport und nochmals Sport. Ein bisschen Liebe wird durchaus erwähnt, aber wir befinden uns schlichtweg auf dem modernen Weg des Bushido, um zum Anfang dieses Beitrags und damit zur AnimaniA zurückzukommen.
Ihr werdet somit in "Go for it" (zumindest im ersten Band - wer weiß, was kommt), keine verschwindenden Bälle oder jene mit seltsamer Kurvenführung finden. Ebenso wenig wird es Dreifachangriffe geben und mehrfache Sprungrollen in der Luft. Dafür erwartet euch aber eine liebevoll gestaltete Geschichte mit vielen schönen Zeichnungen, die Lust auf Detailschau haben.
Und wer weiß... vielleicht kommt dann doch noch ein Special-Move, den keiner erwartet?

Aktuell zeichnet Christina bereits an Band 2 und wir hoffen alle, dass dieser Band dann nächsten Sommer herauskommt. Ich drücke ihr die Daumen und sage: GO FOR IT! :)