2016-07-07

Wo ich stehe

Inzwischen ist ein halbes Jahr rum und ich habe den Stift kaum angerührt.
Insgesamt habe ich fünf Bilder zustande bekommen, habe ein paar Portraits skizzieren geübt und zwei ganze KAKAO-Karten gefertigt.
Ich habe innerhalb dieses halben Jahres kein einziges Mal aquarelliert und auch meine so lang geplante Panoramaleinwand ist immer noch leer.
Die Feder habe ich seit dem letzten Wettbewerb und seit dem Inken der letzten Seite des 6. FTH Kapitels gar nicht mehr in den Händen gehalten.
Ich habe zum Jahresende gesagt, dass ich mich anderen Dingen zuwenden werde, aber seitdem hat es sich auch außerhalb der Kunst abgespielt. Ich habe wieder mit dem Schreiben angefangen und ich habe mit dem Musizieren begonnen.

Irgendwo hatte ich immer das Bedürfnis wieder weiterzumachen, aber... wisst ihr, wie schwer das ist, wenn sich der Stift in der Hand nicht richtig anfühlt? Ich kann es nicht beschreiben, aber es kommt mir fast so vor, als habe ich innerhalb des letzten Jahres etwas ganz entscheidendes verloren - nur kann ich es nicht benennen und weiß entsprechend auch kaum, wie ich es wiederfinden soll.

Das Zeichnen ist für mich seit Jahresende ein Krampf.
Wenn es sich jemand vermiest hat, dann in erster Linie ich selbst und nur ich allein.
Perfektion kann kaputt machen.
Ich will seit langem schon nicht mehr perfekt sein und habe immer gesagt, dass ich zufrieden bin, wenn es auch nur eine Person gibt, die meine Geschichten bzw. Bilder mag.
Ich wollte nie wieder perfekt sein.
Aber je mehr Leute die Geschichten lesen, je mehr Leute deine Bilder gefallen, desto schwieriger ist es, sich nicht selbst den Stress aufzuerlegen, irgendwie genügen zu müssen.
In Quantität, Qualität und vor allem im Vergleich zu anderen.
Es ist für mich sehr schwierig geworden, mich nicht ständig mit anderen zu vergleichen.
Ich habe oft genug erfahren, wie schnell ersetzbar man für andere ist.
Was wollte ich aber mit meinen Zeichnungen? Dass sich jemand dran erinnert und vielleicht auch sagt "Hey, da war mal..." Ich wollte nicht in der Masse untergehen. Dass ich das rein technisch natürlich tue, war mir immer bewusst. Aber dieses Manko wollte ich anderweitig kompensieren.
Und dann passierte das, was vielen passiert... 

Nach zwei Jahren hatte ich auf meiner Künstlerseite rund 240 Likes. Zählen wir die Dateileichen ab, bleiben vielleicht 150. Darüber habe ich mich gefreut. Aber ich erhielt keine Rückmeldungen.
Nur selten mal einen Kommentar. Die Bequemlichkeit und die knappe Zeit eines jeden Einzelnen verlagert das ganze auf Likes oder Favoriten. Je nachdem, welche Seite man betreibt.
Es ist frustrierend.
Lud ich Seiten von FTH hoch, so wurden diese ebenso wenig beachtet. Lag es an mir? Lag es an der Story? Keine Rückmeldungen zu erhalten, tut irgendwo doch weh.
Letzten Endes dann die MMC 2015 - ein reines Desaster für uns alle irgendwo... es hat einfach keinen Spaß gemacht. Es war komplett anders als die erste MMC 2013 oder die MangaMatsuri kurz darauf.
Ich fragte mich, was ich eigentlich machte...
Und ich fragte es mich noch einmal, als ich das Wichtelbild fertigstellte. Nicht falsch verstehen, die Arbeit, die dahinter steckt ist aufrichtig. Es ist ein ehrlich durchdachtes Bild. Es hat auch Spaß gemacht. Ich kann es nur nicht ansehen. Weil es für mich mit negativem Empfinden verbunden ist.

Und dann die Pause...

Die Zeit verging so schnell. Es ist so viel passiert und ich muss sagen, dass ich eigentlich jeden Tag kämpfe. Das, was mich drei Jahre gerettet hat, ist so in den Hintergrund gerückt.
Ich hänge stattdessen so sehr an den Menschen um mich herum.
Ich nutze jede Sekunde, die ich habe.
Ich schreibe endlich meine Geschichte, die seit sieben Jahren darauf wartet, geschrieben zu werden.
Ich habe begonnen, endlich Violine zu lernen.
Ich habe wieder ein bisschen was mit Cosplay und somit auch Fotos am Hut.
Ich fahre wieder mehr durch Deutschland, unternehme weitaus mehr.
Ich tue mehr für mich - viel mehr.

Ich bin noch lange nicht an dem Punkt, wo ich wieder locker drauflos zeichnen kann.
Doch hoffe ich, dass das irgendwann wieder kommt.
Als ich an einer STA neulich teilnahm, war es für mich eine wahre Mutprobe... ich setzte mich freiwillig dem Stress aus, etwas auf Zeit zu zeichnen. Ich verzweifelte, ich patzte, ich schaffte es und im Nachhinein bin ich ganz froh, aber gleich nach Ende dachte ich mir "Nie wieder." Solche Gedanken hatte ich früher nicht.
Vor drei, vier Monaten saß ich am Storyboard für das 7. Kapitel von FTH. Ich hatte sieben Seiten geschafft... seitdem nichts mehr. Gestern habe ich mich dann doch wieder rangewagt und nun mehr ist sogar eine erste Vorzeichnung entstanden. Oh Wunder...
Ich habe vor rund zwei Wochen mal ein kleines Lebenszeichen auf meiner Künstlerseite gesetzt.
Es ist alles nicht viel, doch sind es diese kleinen Mini-Schritte, die mich vielleicht wieder auf den Weg führen, wo ich war. Bevor alles aus den Fugen geraten ist.

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Diesen Eintrag habe ich jetzt vor gut einer Woche schreiben wollen...
Inzwischen hat sich wieder etwas getan:

Ich habe wieder ein bisschen mehr gezeichnet.
Eine kleine Skizze, aus der ein kleines Bild wurde (wortwörtlich - Größe A8).
Eine weitere Skizze, aus der Lines wurden: A5.
Es sind nun mehr fünf Seiten für das 7. FTH Kapitel vorgezeichnet und ich lade die übrigen Seiten des fünften Kapitels nach und nach hoch. Leider nicht komplett gerastert, aber darum geht es mir nicht.

Ich erinnere mich nämlich gerade an "Standing in the Rain" zurück - meinen Bleach-Doujinshi, welchen ich erst gut vier Jahre später geinkt habe und der in erster Linie einfach nur da sein sollte: Schräg, in Bleistiftlinien, und und und...

Ich mach langsam, versprochen.
Ich werde es nicht übertreiben und nur Stück für Stück an die Sache herangehen.

Ganz langsam.

Ich liebe die Kunst.

Und ich möchte sie eben auch wieder lieben, wenn ich selbst in diesem Bereich kreativ bin.